Schweden ist, was die Sicherheit von Kindern im Auto anbelangt, weltweit Spitze. Die Vision Null (das Ziel, dass es in Schweden keine Verkehrstoten und Schwerverletzten mehr gibt), die sichersten Straßen in der EU sowie die Tatsache, dass die Kinder in rückwärtsgerichteten Autositzen sitzen, werden als einige der Gründe angeführt. Axkid hat sich mit Lilian Korsár, der Informationsbeauftragten und Dozentin am NTF Väst, unterhalten. Die NTF (Nationalföreningen för trafiksäkerhetens främjande) ist eine gemeinnützige schwedische Organisation zur Förderung der Verkehrssicherheit.
Woran liegt es Ihrer und der Meinung der NTF nach, dass Schweden als sicherstes Land der Welt gilt?
„Laut der Statistik für 2017 starben in Schweden 253 Menschen im Straßenverkehr. Allein schon dass Kinder in rückwärtsgerichteten Autositzensitzen, macht im Hinblick auf die Kindersicherheitim Verkehr einen unglaublichen Unterschied. Das kann gar nicht genug betont werden!“
„In Schweden gibt es zudem Tests und Kennzeichnungen, die einen hohen Standard vorgeben. DieE-Zulassung (ECE R44) bedeutet, dass der Autositz in ganz Europa anerkannt wird. I-size (UN R129) ist eine modernisierte E-Zulassung mit höheren Standards, unter anderem beim Seitenaufprallschutz. Hier hat man sich auf Kindersitze konzentriert, die mit Isofix-Halterungen montiert waren, weil diese nicht von der E-Zulassung abgedeckt wurden. Bei der Kindersitz-Zulassung I-size ist die Körpergröße des Kindes ausschlaggebend, nicht sein Gewicht. Die dritte Kennzeichnung, der so genannte Plus-Test, ist ein ergänzender, freiwilliger Test. Dabei handelt es sich um einen strengeren Test, dessen Bestehen garantiert, dass das Kind bei einem Frontalaufprall keine lebensgefährlichen Kopf- und Nackenverletzungen erleidet. Bis dato können ausschließlich rückwärtsgerichtete Autositze nach dem Plus-Test zugelassen werden.“
Der rückwärtsgerichtete Autositz ist eine schwedische Erfindung. Treibt Schweden auch die Entwicklung weiter voran?
„Hierzu habe ich kein Zahlenmaterial, aber das ist für mich eigentlich selbstverständlich. Wir haben uns ja lange für rückwärtsgerichtete Kindersitze stark gemacht, da hinken viele Länder weit hinter uns her. Selbst wenn es nicht gesetzlich vorgeschrieben ist, dass Kinder in einem rückwärtsgerichteten Autositz sitzen müssen, ist das für uns in Schweden mittlerweile eine Selbstverständlichkeit. Gesetz ist allerdings, dass man für Kinder bis zu einer Größe von 135 Zentimetern eine zugelassene Ausrüstung im Auto haben muss. Und ich weiß, dass mehrere Länder der Ansicht sind, dass unter anderem die in Schweden angestrebte Vision Null sehr interessant ist.“
Gibt es Statistiken, in denen Länder miteinander verglichen werden?
„In Schweden haben wir das Info-System Strada, in dem Daten von allen Unfällen, die im Lande passieren, von der Polizei und sämtlichen Notaufnahmen der Krankenhäuser erhoben werden sollen. Also Angaben zu Unfallart, Unfallhergang und so weiter. Wir sind über unsere Statistik gut informiert: Die Zahl von 253 Toten für das Jahr 2017 kommt nämlich von Strada. Ich weiß nicht, ob andere Länder vergleichbare Zusammenstellungen haben, deswegen ist es nicht so leicht, Schweden mit anderen zu vergleichen.“
Welche Aufgabe haben Sie bei der NTF Väst?
„Mein Aufgabenbereich ist die Verkehrssicherheit für Kinder im Auto. Alle vierzehn Tage donnerstags arrangieren wir einen Showroom, da können Eltern jederzeit hinkommen und sich verschiedene Kindersitzmodelle anschauen. Das Beste daran ist, dass die Eltern dort direkt ausprobieren können, welcher Autositz sich für ihr Auto beziehungsweise ihr Kind eignet. Und sie werden unabhängig beraten. Ich halte auch Vorlesungen für Elterngruppen bei Kindergesundheitszentren oder ähnlichen Einrichtungen zum Thema Verkehrssicherheit für Kinder.
Welche Fragen werden bei Ihrem Kontakt mit werdenden oder frischgebackenen Eltern am häufigsten gestellt?
„Wie wird der Kindersitz befestigt, woran muss man denken – die meisten Fragen drehen sich ums Grundsätzliche. Aber viele Eltern reagieren auch auf unsere Empfehlung, nach etwa sechs Monaten von der Babyschale zu einem rückwärtsgerichteten Autositz überzugehen. Die meisten meinen, dass das Kind in der Babyschale liegen soll, bis es da rausgewachsen ist. Aber das ist nicht richtig. Ich muss auch feststellen, dass viele glauben, dass der Rücksitz der sicherste Platz für einen Autositz ist. Aber das spielt im Grunde überhaupt keine Rolle. Wenn man den Kindersitz allerdings auf den Beifahrersitz stellt, muss natürlich der Airbag deaktiviert sein. Das ist ganz, ganz wichtig.“
Haben Sie im Rahmen Ihrer Arbeit gute Kooperationspartner?
„Ja, zum Beispiel Axkid, die uns freundlicherweise die neuesten Autositze für unseren Showroom zur Verfügung stellen, damit die Eltern sie testen können. Wir sind ja eine gemeinnützige Organisation und freuen uns deswegen natürlich sehr über diese Zusammenarbeit.
Alle drei NTF-Verbände in der Provinz Västra Götaland kooperieren mit der Organisation Västra Götalandsregionen, allein das ist schon ganz fantastisch. Das garantiert uns ein wirtschaftliches, reibungsloses und sicheres Arbeiten. So können wir vorbeugend tätig sein, ohne dass wir uns über die Finanzierung Gedanken machen müssen. Dank der Zuschüsse können wir von NTF neun Monate lang eine Babyschale für etwa 400 SEK mieten, und das ist ein Superpreis. Eine solche Zusammenarbeit ist fantastisch, deswegen wäre es natürlich ein Traum, wenn derartige Möglichkeiten auch in anderen Teilen des Landes beständen!“
Foto Lilian Korsár: Angela Aylward
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